(da es grad ausserordentlich passend ist: hier ein paar uralte Auszüge aus einer im Sand verlaufenen Geschichte, die in Beutebucht endete)
Ihre Familie war mal wieder auf einem Jagdausflug. Zum Glück war sie endlich alt genug, um da nicht mehr mitgehen zu müssen. Sie, die "Entartete"…
Mit einem leisen "Tock" glitt die Messerspitze zwei Finger breit in das Holz. Rasch folgten drei weitere, und auch die fünfte schlug ein, ehe zwei Lidschläge vergangen waren. Trisha schüttelte leicht genervt den Kopf, steckte ihre beiden Kampf-Klingen zurück und nestelte an der Schlaufe der letzten Wurfdolch-Halterung. Die sass noch immer nicht richtig, das musste schneller gehen !
"Hey, Trisha… nicht schon wieder ! Lass meine Kisten in Ruhe, ja ? Hier stehen genügend Bäume herum, warum vertrödelst du deine Zeit nicht an denen ?"
Halis seufzte, nahm kopfschüttelnd eine Bürste vom Regal während Trisha ihre Dolche wieder an sich nahm und begann dann, Punkt und Kreis damit weg zu putzen.
"Die Zielscheiben der Waldläufer wären auch geeigneter, du kannst ja Degolien mal fragen, ob er dir eine borgt. Aber wenn ich dich hier noch einmal mit deinen Spielereien antreffe, werde ich die Dolche zu Gold machen und mir eine neue Kiste damit kaufen !"
Trisha lachte unwillkürlich auf.
"Weisst du überhaupt, wie Gold aussieht ?" , neckte sie den Händler – und eilte feixend davon, ehe er zu einer Antwort ansetzen konnte. Sie brauchte sich keine Sorgen zu machen. Noch nicht. Morgenluft war ein kleines, beschauliches Waldläuferdorf südlich von Silbermond, hier kannte nicht nur jeder jeden, jeder war auch mit jedem befreundet. Die unablässige Bedrohung, die von der Todesschneise aus ging, hatte die Sippschaften zusammengeschweisst.
Degolien schickte seine Truppen dort hin, wo sie gebraucht wurden. Und das wurden sie an vielen Orten. Jaela verteidigte eisern den Zugang nach Silbermond. Trishas Vater hatte schon häufig geäussert, dass ohne Jaela Silbermond wohl längst überrannt worden wäre. Der Orden der Blutsritter machte sich seit Wochen rar, ach was, seit MONATEN ! Irgend etwas war da im Gange. Man munkelte, in Silbermond brodle es. Tja…. VOR den Mauern auch !
Auch Sareyn, die den Weg nach Morgenluft von der anderen Seite bewachte, schlug immer wieder Alarm. Die kleine Siedlung war noch lange nicht sicher. Trotzdem war es hier in Trishas Augen viel zu langweilig. Zumindest für eine wie sie.
Sie umrundete das Gebäude und betrat das Gasthaus durch den Hintereingang. Misalis, die wohl geschwätzigste aller Sin'dorei, war wieder hier. Die Wirtin Marniel war bekannt dafür, dass sie sowohl mit Waren als auch mit Neuigkeiten handelte, und Misalis war eine ihrer treusten Zulieferinnen für letzteres. Auffälligerweise schien diesmal aber auch Ardeyn an ihrer Geschichte interessiert. Zumindest blickte er sie gerade fragend an und brummte ein fassungsloses "WIE bitte ?"
"Ja, Tatsache – man kommt auch nicht mehr dort hinein ! Stellt euch das vor, die haben Silbermond einfach abgeriegelt ! Kann ich hier bleiben, Marniel, bis diese Unruhen vorüber sind ? Das dauert sicher nicht lange, ein paar Tage vielleicht. Diese jungen Aufständischen werden sicher rasch zur Vernunft gebracht. Dafür ist die Wache ja da, nicht wahr ? Ich meine, es geht um Silbermond. Nicht um irgend ein verwahrlostes Dorf von knochigen Halsabschneidern, wie die da bei diesen….
Ah, kennst du den schon:
Was ist das Schönste an Unterstadt ?
Die Translokationskugel zurück nach Silbermond !"
Misalis kicherte, während Marniel über den ältesten aller Unterstadtwitze nur einen Mundwinkel leicht verzog und Aredyn sich schon wieder aus dem Gespräch ausgeklinkt hatte, wobei sein Blick doch nachdenklich Richtung Silbermond wanderte.
"Ja, ich mach dir oben ein Bett bereit, kein Problem…. Oh…. Hallo, Trisha ! Gut, dass du grad da bist… – ich würde heute gerne Fisch anbieten, du hast sicher Zeit, ein wenig Angeln zu gehen ? Und falls du auf dem Weg über Erdwurzeln stolperst, die gehen auch zur Neige… Vielleicht findest du auch bei Tyniarrel welche, der ist sicher wieder bei Lord Saltheril."
Trisha nickte schweigend. Was blieb ihr auch anderes übrig ? Was als Frage getarnt war, war nichts anderes, als ein Auftrag. Schliesslich war sie hier so etwas wie das Mädchen für alles und hatte ja nichts anderes zu tun…. Sie konnte die schon fast mitleidigen Blicke fühlen, als sie nach ihrer Angel griff und sich auf den Weg machte. 'Wenigstens dafür ist sie zu gebrauchen...', äffte sie innerlich die vermuteten Gedanken der dreien nach und kickte wütend einen Stein zur Seite.
Ja. Wenigstens für Botengänge. Mehr lag für sie hier nicht drin. Nicht in Morgenluft, und wohl auch nicht in Silbermond. Irgendwie schien sie die Einzige zu sein, die mit diesem Makel geboren worden war. Wenn sie wenigstens mit dem Bogen hätte umgehen können, wäre vielleicht eine halbwegs taugliche Waldläuferin aus ihr geworden. Doch sie fand keinen Zugang zu dieser Waffe. Dieses endlose Stehenbleiben, Sich-Sammeln und Zielen… Das war einfach nichts für sie. Das dauerte alles viel zu lange. Ein Kampf war ja schliesslich kein Angelausflug !
Sie spazierte ein Stück dem Bach entlang, bis sie einen Fischschwarm entdeckte. Die nächste Stunde schweiften ihre Gedanken weiter und weiter. Zurück, und voraus. Vor allem voraus. Was sollte sie hier noch ? Was für eine Zukunft würde sie hier erwarten ? Sie musste weg von hier. Noch in dieser Nacht würde sie zum Anlegeplatz hinunter gehen und sich an Bord des nächsten Schiffes schleichen. Egal, wo es sie hinbringen würde, sie wollte einfach nur weg von hier, weg von dem Ort, wo alle sie kannten, wo alle um ihr Unvermögen wussten…
Ihre Familie war mal wieder auf einem Jagdausflug. Zum Glück war sie endlich alt genug, um da nicht mehr mitgehen zu müssen. Sie, die "Entartete"…
Mit einem leisen "Tock" glitt die Messerspitze zwei Finger breit in das Holz. Rasch folgten drei weitere, und auch die fünfte schlug ein, ehe zwei Lidschläge vergangen waren. Trisha schüttelte leicht genervt den Kopf, steckte ihre beiden Kampf-Klingen zurück und nestelte an der Schlaufe der letzten Wurfdolch-Halterung. Die sass noch immer nicht richtig, das musste schneller gehen !
"Hey, Trisha… nicht schon wieder ! Lass meine Kisten in Ruhe, ja ? Hier stehen genügend Bäume herum, warum vertrödelst du deine Zeit nicht an denen ?"
Halis seufzte, nahm kopfschüttelnd eine Bürste vom Regal während Trisha ihre Dolche wieder an sich nahm und begann dann, Punkt und Kreis damit weg zu putzen.
"Die Zielscheiben der Waldläufer wären auch geeigneter, du kannst ja Degolien mal fragen, ob er dir eine borgt. Aber wenn ich dich hier noch einmal mit deinen Spielereien antreffe, werde ich die Dolche zu Gold machen und mir eine neue Kiste damit kaufen !"
Trisha lachte unwillkürlich auf.
"Weisst du überhaupt, wie Gold aussieht ?" , neckte sie den Händler – und eilte feixend davon, ehe er zu einer Antwort ansetzen konnte. Sie brauchte sich keine Sorgen zu machen. Noch nicht. Morgenluft war ein kleines, beschauliches Waldläuferdorf südlich von Silbermond, hier kannte nicht nur jeder jeden, jeder war auch mit jedem befreundet. Die unablässige Bedrohung, die von der Todesschneise aus ging, hatte die Sippschaften zusammengeschweisst.
Degolien schickte seine Truppen dort hin, wo sie gebraucht wurden. Und das wurden sie an vielen Orten. Jaela verteidigte eisern den Zugang nach Silbermond. Trishas Vater hatte schon häufig geäussert, dass ohne Jaela Silbermond wohl längst überrannt worden wäre. Der Orden der Blutsritter machte sich seit Wochen rar, ach was, seit MONATEN ! Irgend etwas war da im Gange. Man munkelte, in Silbermond brodle es. Tja…. VOR den Mauern auch !
Auch Sareyn, die den Weg nach Morgenluft von der anderen Seite bewachte, schlug immer wieder Alarm. Die kleine Siedlung war noch lange nicht sicher. Trotzdem war es hier in Trishas Augen viel zu langweilig. Zumindest für eine wie sie.
Sie umrundete das Gebäude und betrat das Gasthaus durch den Hintereingang. Misalis, die wohl geschwätzigste aller Sin'dorei, war wieder hier. Die Wirtin Marniel war bekannt dafür, dass sie sowohl mit Waren als auch mit Neuigkeiten handelte, und Misalis war eine ihrer treusten Zulieferinnen für letzteres. Auffälligerweise schien diesmal aber auch Ardeyn an ihrer Geschichte interessiert. Zumindest blickte er sie gerade fragend an und brummte ein fassungsloses "WIE bitte ?"
"Ja, Tatsache – man kommt auch nicht mehr dort hinein ! Stellt euch das vor, die haben Silbermond einfach abgeriegelt ! Kann ich hier bleiben, Marniel, bis diese Unruhen vorüber sind ? Das dauert sicher nicht lange, ein paar Tage vielleicht. Diese jungen Aufständischen werden sicher rasch zur Vernunft gebracht. Dafür ist die Wache ja da, nicht wahr ? Ich meine, es geht um Silbermond. Nicht um irgend ein verwahrlostes Dorf von knochigen Halsabschneidern, wie die da bei diesen….
Ah, kennst du den schon:
Was ist das Schönste an Unterstadt ?
Die Translokationskugel zurück nach Silbermond !"
Misalis kicherte, während Marniel über den ältesten aller Unterstadtwitze nur einen Mundwinkel leicht verzog und Aredyn sich schon wieder aus dem Gespräch ausgeklinkt hatte, wobei sein Blick doch nachdenklich Richtung Silbermond wanderte.
"Ja, ich mach dir oben ein Bett bereit, kein Problem…. Oh…. Hallo, Trisha ! Gut, dass du grad da bist… – ich würde heute gerne Fisch anbieten, du hast sicher Zeit, ein wenig Angeln zu gehen ? Und falls du auf dem Weg über Erdwurzeln stolperst, die gehen auch zur Neige… Vielleicht findest du auch bei Tyniarrel welche, der ist sicher wieder bei Lord Saltheril."
Trisha nickte schweigend. Was blieb ihr auch anderes übrig ? Was als Frage getarnt war, war nichts anderes, als ein Auftrag. Schliesslich war sie hier so etwas wie das Mädchen für alles und hatte ja nichts anderes zu tun…. Sie konnte die schon fast mitleidigen Blicke fühlen, als sie nach ihrer Angel griff und sich auf den Weg machte. 'Wenigstens dafür ist sie zu gebrauchen...', äffte sie innerlich die vermuteten Gedanken der dreien nach und kickte wütend einen Stein zur Seite.
Ja. Wenigstens für Botengänge. Mehr lag für sie hier nicht drin. Nicht in Morgenluft, und wohl auch nicht in Silbermond. Irgendwie schien sie die Einzige zu sein, die mit diesem Makel geboren worden war. Wenn sie wenigstens mit dem Bogen hätte umgehen können, wäre vielleicht eine halbwegs taugliche Waldläuferin aus ihr geworden. Doch sie fand keinen Zugang zu dieser Waffe. Dieses endlose Stehenbleiben, Sich-Sammeln und Zielen… Das war einfach nichts für sie. Das dauerte alles viel zu lange. Ein Kampf war ja schliesslich kein Angelausflug !
Sie spazierte ein Stück dem Bach entlang, bis sie einen Fischschwarm entdeckte. Die nächste Stunde schweiften ihre Gedanken weiter und weiter. Zurück, und voraus. Vor allem voraus. Was sollte sie hier noch ? Was für eine Zukunft würde sie hier erwarten ? Sie musste weg von hier. Noch in dieser Nacht würde sie zum Anlegeplatz hinunter gehen und sich an Bord des nächsten Schiffes schleichen. Egal, wo es sie hinbringen würde, sie wollte einfach nur weg von hier, weg von dem Ort, wo alle sie kannten, wo alle um ihr Unvermögen wussten…
Ich erhoffe nichts. Ich fürchte nichts. Ich bin frei. (Nikos Kazantzakis)
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